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Flachs und Leinen – die kleine Geschichte zu dem großen Anschauungsset Flachs XL

Wir möchten an dieser Stelle versuchen, die Vielzahl der Muster in unserem Anschauungsset Flachs XL in einen Sachzusammenhang zu setzen, damit der Set in Materialbibliotheken, Seminaren oder Schulungen auch seinen Sinn erfüllen kann. Insbesondere bei im Team zu leistenden Jahresarbeiten, bei denen dennoch eine Aufteilung in einzeln bewertbare Teilbereiche (z.B. Rohstoff, Textile Kette, Technische Anwendungen) erfordern, können wir uns diesen Anschauungsset als ebenso hilfreich wie verbindend vorstellen.
Die im Text fett gesetzten Materialien sind sämtlich in dem Anschauungsset XL enthalten.

Wie so vieles beginnt auch die Geschichte des Leinens mit der Aussaat von Flachssamen, hierzulande oft zwischen Mitte März und Anfang April. Nach etwa 100 Tagen ist der Flachs erntereif, mitsamt Teilen der Wurzel aus der Erde gezogen und getrocknet spricht man dann von ihm als getrocknetem oder ungeröstetem Flachsstroh. Die Kapseln mit den Samen sind nicht vollständig geöffnet, meist finden sich zwischen 5 und 7 (max. 10) Samen je Kapsel. Anders als bei Öllein wünscht man sich beim Faserlein möglichst wenige bzw. kurze Verzweigungen in den Flachsspitzen.
Gelegentlich wird bereits dieses lediglich getrocknete Flachsstroh maschinell weiter verarbeitet: es wird geriffelt (d.h. die Kapseln werden abgekämmt ) und der entkapselte Stängel zwischen Zahnwalzen gebrochenen. Dieses gebrochene Flachsstroh nennt man Brechflachs, früher bei Polsterern aufgrund seiner Rückstellneigung und Haltbarkeit ein beliebter Werkstoff für Sitzpolster. In diesem Brechflachs müssen noch Holzteilchen, die Flachsschäben, enthalten sein, weil nur die Kombination von Faser und Holz für die gewünschten Polstereigenschaften sorgt. Lässt man den ungerösteten Flachs nach dem Brechen weiter durch eine industrielle Flachsschwinge laufen, so werden die Holzteile abgetrennt und man erhält einen ungerösteten Langflachs oder Grünflachs.
Der weitaus gebräuchlichere Weg besteht jedoch darin, das getrocknete Flachsstroh einem natürlichen, mikrobiologischen Aufschluss auszusetzen. Dieser Aufschluss kann entweder von Pilzen auf dem Acker bewirkt werden (Tauröste) oder von Bakterien in einem Wasserbassin oder in einer Röstkuhle (Wasserröste). Am Ende beider Verfahren steht der weitgehende Abbau von u.a. Pektinen, das sind Pflanzenleime, welche die äußere Faserschicht mit dem inneren Holzteil verkleben und so für die Stabilität im Flachsstängel sorgen. Die Tauröste dauert je nach Witterung 3 bis 6 Wochen und erbringt das Tauröststroh, die Wasserröste dauert je nach Wassertemperatur und Mineralgehalt des Röstwassers 5 bis 40 Tage und erbringt das Wasserröststroh. Im Unterschied zu den ungerösteten Flachsstängeln lassen sich die Stängel der beiden gerösteten Varianten leicht zwischen Daumen und Zeigefindern brechen und die Holzteile ausstreifen. Diese Holzteile werden Scheben oder Schäben genannt und bilden ein wertvolles Kuppelprodukt der Flachsgewinnung, welches sich u.a. hervorragend als Tiereinstreu oder Torfersatz in Blumenerde eignet.
Die industrielle Flachsfaseraufbereitung teilt demnach das im Tau oder mit Wasser aufgeschlossene Flachsstroh in zwei Faserfraktionen sowie die oben bereits erwähnten Kapseln und die Scheben auf. Bei den Faserfraktionen handelt es sich um die so genannten Langfasern und das Schwungwerg, die jeweils in getrennten Produktlinien weiter verarbeitet werden.
Der Langflachs, einerlei ob Tauröstflachs oder Wasserröstflachs wird, ebenso wie chemisch gebleichter Grünflachs,  im nächsten Arbeitsschritt gehechelt. Früher (und in unserer kleinen Flachswerkstatt) geschah bzw. geschieht dies von Hand, indem die einzelnen Langflachsvarianten immer wieder über Sätze von immer feiner werdenden Kämmen geführt werden. Als Kuppelprodukt zu dem faserparallelen Hechelflachs fällt an dieser Stelle auch das Hechelwerg an. Dabei handelt es sich um jene Flachsfasern, die beim Kämmvorgang in den Hechelkämmen hängen geblieben sind.
Wird das Hecheln maschinell durchgeführt, so erhält man ein Faserband, in welchem der Hechelflachs dachziegelartig über- bzw. aneinander gelegt wurde. Dieses Hechelband wird im Folgenden immer feiner verstreckt, gekämmt und schließlich mit geringer Drehung zu einem Vorgarn, der sog. Flyerlunte, versponnen, aus dem schließlich im traditionellen trockenen oder nassen Ringspinnverfahren das eigentliche Leinengarn entsteht.
Während der Langflachs über den gesamten Verlauf der Flachsschwinge oder Schwingturbine in eingeklemmtem, parallelen Zustand gehalten wird, liegen die beim Ausschlagen der Schäben mitgerissenen Fasern, das sog. Schwungwerg, in einem wirren, ungerichteten Zustand vor. Zudem enthält das Schwungwerg zunächst noch beträchtliche Mengen an Schäben, die in speziellen Reinigungsmaschinen (Wergschüttler, Wergschwinge) überwiegend abgetrennt werden.
In großen Maschinen mit benadelten Walzen, den Flachskarden, wird das Flachswerg parallelisiert und zu einem Band geformt. Sehr grobe Leinengarne werden direkt aus diesem Band ersponnen. Wertet man das Schwungwerg durch Zumischen von Hechelwerg auf, können analog dem Verspinnen von Langflachs aus dem Kardenband nach Verstrecken und Kämmen auch mittlere Garnfeinheiten gesponnen werden.
Daneben können Schwung- und Hechelwerge auch „cotonisiert“ werden. Dabei werden die vergleichsweise langen (150 bis 350 mm) technischen Flachsfaserbündel durch spezielle Maschinen etwa auf die Faserlänge (30 bis 45 mm) der Baumwolle eingekürzt und im Faserquerschnitt aufgespalten. Dabei können sowohl naturbelassene Werge als auch zuvor gebleichte Werge genutzt werden. Das so erhaltene graubraune oder weiße „Cotonisé“ kann dann mittel Baumwollspinntechnologie in Bandform gebracht und mit leistungsfähigen Ring- oder Open-End-Spinnmaschinen zu Garnen versponnen werden. Mischt man den cotonisierten Flachs in der Spinnereivorbereitung mit anderen Fasern wie beispielsweise Baumwolle, Seide, Polymilchsäurefasern oder Polyester, so erhält man Mischbänder, auch Hybridbänder genannt, die dann entsprechende Mischgarne ergeben.

Neben textilen Zwecken findet das Schwungwerg auch Verwendung in einer Vielzahl von technischen Produkten: Schneidet man im Parallelschnitt beispielsweise ein aus besonders hochwertigen Wergen gefertigtes Kardenband in kurze, dabei einheitlich lange Stücke (z.B. 6 mm) dann erhält man eine Kurzstapelfaser 6 mm, wie sie u.a. in Reibbelägen für KFZ und Bahn verwendet wird.
Vergrößert man die Schnittlänge auf z.B. 80 mm, dann bildet diese Langstapelfaser 80 mm das Ausgangsmaterial für höchstwertige Vliese oder, gemischt mit thermoplastischen Fasern, das Ausgangsmaterial für Biocomposites mit hohen Einzelfaserlängen im Compound wie z.B. in einem Pull-Drill Flachs/PP Biocomposite.
Liegen die Flachsfasern in kürzer Form vor, können sie gemeinsam mit als Granulat vorliegenden thermoplastischen Kunststoffen in Schneckenextrudern erhitzt, miteinander vermischt und granuliert werden. Auf diese Weise wird ein spritzgussfähiges Granulat gewonnen, welches zu einer Vielzahl von Naturfaser verstärkten Kunststoffteilen endverarbeitet werden kann.

Da gebleichtes und gereingtes Schwungwerg nahezu vollständig aus Cellulose, Hemicellulose und Pektin besteht, kann man daraus in speziellen Mühlen eine Feinfaser kleiner 160 my herstellen, die zum kalorienfreien Eindicken bzw. als Stellmittel von beispielsweise industriell gefertigten Desserts eingesetzt werden kann.

Ab der Stufe Leinengarn (hier wechselt üblicherweise der Name von Flachs zu Leinen) wird, mit einigen Abstrichen, die industrielle Basis wieder breiter. Leinengarne in einem weiten Feinheitsbereich Nm 2 bis Nm 60 (d.h. mit Lauflängen zwischen 2m und 60 m je Gramm Garn) können als Einfachgarn oder Leinenzwirn verwebt, verstrickt oder gewirkt werden. Auch ein Färben, Bleichen, Beschichten oder Bedrucken der so entstehenden textilen Flächen ist möglich. Es entsteht eine breite Palette von zehntausenden verschiedener Leinenstoffe für Bekleidung, Heimtextilien oder technische Anwendungen. Wir haben als universell nutzbares Beispiel für ein Leinentextil ein Paar  aus Reinleinen zum fusselfreien Polieren von Gläsern ausgewählt.

Den Set mitsamt einer Auflistung der darin enthaltenen Muster finden Sie hier

Pariser Stoffmessen – Stoffe Sommer 2016

Wenn Du nicht überzeugen kannst: Verwirre! – Ein alternativer Messebericht von den Pariser Stoffmessen Stoffe Sommer 2016 aus Sicht eines Überzeugungstäters

Nach einigen Jahren der Abstinenz hat es den Autor erstmals wieder zu einem der bekanntesten Standorte für Stoffmessen hingezogen: Paris.

Zum hinsichtlich Wetter unfreundlichen Februarbeginn kein Ort zum Flanieren oder für den Besuch eines Straßencafés. Statt dessen in einer nördlichen Vorstadt, strategisch günstig in Flughafennähe, zwei separate, sich zeitlich überschneidende Angebote: Die “Texworld” als “Massenmesse”, in der Orders unter 10.000 lfm als sehr klein gelten und bei der es in eher spartanischer Umgebung vornehmlich um Preise und Mengen (Originalton: “I need 50000 meters of that fabric, can you hit my pricelimit of 2,85 US$ per meter?”) geht.

Daneben die “Premiere Vision”, vor 25 Jahren die Speerspitze der Stoffmessen, insbesondere was Trends bei Materialien, Bindungen und Farben anging und heute noch ebenso liebevoll wie stilsicher inszeniert.
Inzwischen zeigen sich nicht mehr überwiegend Trends nur oder zuerst auf der Premiere Vision; es haben sich früher stattfindende Stoffmessen etabliert und die Trendberater in Halle 5 tun sich sich schwerer mit der digitalen Schwarmintelligenz, die der einstigen Vorherrschaft der Trendbüros mehr und mehr den Rang abläuft.

Auch ökologische Fragen haben auf beiden Messen eine gewisse Bedeutung gewonnen, ebenso soziale Fragen wie Arbeiterrechte und Arbeitsbedingungen. Wer jedoch – wie der trotz seines Alters noch hoffnungslos sozialromantische Autor – darauf gehofft hatte, dass sich aus den vornehmlich deutschsprachigen Insellösungen der frühen neunziger Jahre ein klare ökologische Alternative zum Massengeschäft durchsetzen würde, sah sich getäuscht:
Zwar ist inzwischen das GOTS-Label (Global Organic Textile Standards) eingeführt, welches eine Nachverfolgbarkeit der Materialien, die relative Umweltverträglichkeit der Produktionsprozesse sowie die Einhaltung von Grenzwerten von Textilchemikalien im Endprodukt und Mindestanforderungen für soziale Standards entlnag der textilen Produktionskette zusagt. Unscharf wird es bei näherem Hinsehen: Neben dem Standard “Fasern aus kontrolliert biologischen Anbau bzw. Wirtschaftsweise” (“Organic Textiles”) mit mindestens 95% ebensolcher Fasern gibt es noch den Standard “Textilien basierend auf mindestens 70% kontrolliert biologisch erzeugten Fasern”. Dies bedeutet, dass die restlichen 30 % Faser im Textil irgendwelche Natur- oder Chemiefasern sein dürfen und trotzdem ein GOTS-Label daran baumeln darf.

Für einen Minimalgehalt von 5% kontrolliert biologisch erzeugter Naturfasern sieht das Label recht "grün" aus.

Für einen Minimalgehalt von 5% kontrolliert biologisch erzeugter Naturfasern sieht das Label recht “grün” aus.

Noch einen Schritt weiter (zurück) geht der OCS-Standard (Organic Content Standard) der sich ausschließlich mit der Herkunft und Nachverfolgbarkeit der verwendeten Rohstoffe, nicht jedoch mit den weiteren Produktionsschritten, befasst. Dieser OCS-Standard differenziert nochmals zwischen zwischen “OCS 100″ (mindestens 95% Fasern aus kontrolliert biologischer Erzeugung) und “OCS blended” mit einem Gehalt von mindestens 5% (in Worten: fünf Prozent) an Fasern aus kontrolliert biologischer Erzeugung. Das bedeutet, dass ein T-Shirt aus 93% konventioneller Baumwolle, 2% Elasthan und 5% Baumwolle aus kontrolliert biologischem Anbau mit einem zumindest “grün” wirkenden Label ausgezeichnet werden kann. Dies ist nach dem – nicht justiziablen – Eindruck des Autors mehr eine Einladung zum Greenwashing als zum verantwortungsvollen Umgang mit den Ressourcen des Planeten.
Ein weiterer, relativ neuer Zertifizierungstrend ist der ERTS-Standard (Ecological and Recycled Textiles Standard. Dieser steht für eine Verwendung von mindestens 70% konventioneller Naturfasern (z.B. Baumwolle) und/oder Fasern aus nachwachsenden Rohstoffen (z.B. Viskose aus Holz) und/oder recycelten Fasern (z.B. Polyester aus PET-Flaschen). Daneben wird auf gefährliche Chemikalienrückstände in den Endprodukten kontrolliert, der Wasser- und Energieverbrauch in der Produktion bestimmt sowie die Einhaltung von grundsätzlichen sozialen Standards überwacht. Mit anderen anderen Worten: dieser Standard ist gut geeignet, um recyceltes Polyester und Viskose bzw. Mischungen konventionell erzeugter Naturfasern zu vermarkten.

Hoffentlich gut gemeint, sicher nicht gut gemacht -Ökoinformationssystem der Messegesellschaft Frankfurt

Hoffentlich gut gemeint, sicher nicht gut gemacht -Ökoinformationssystem der Messegesellschaft Frankfurt

 

Da muss es nicht verwundern, wenn die mengenmäßig und damit wirtschaftlich bedeutendere Messe “Texworld”, immerhin von der Frankfurter Messegesellschaft veranstaltet, auf diese unübersichtliche Lage noch einmal draufsattelt und ihre eigene Interpretation von textilem Eco-Labeling ihren Ausstellern und Besuchern zur Hand gibt. Aber selbst eine “Sustainable Lounge” kann nicht über die allgemeine Verwirrung der Veranstalter, Aussteller und Besucher hinwegtäuschen, hatte doch hinter keine der drei zufällig ausgewählten Stofflaschen dieser Sonderschau einen belastbaren realen Hintergrund an den Ständen der Hersteller (Originalton bei der Präsentation eines Handyfotos von eco-gelabelten Leinenstrick: “We do not have any organic linen, it must be an mistake”)

Das bedeutet jedoch nicht, dass nicht vereinzelt “Überzeugungstäter” ihre korrekt über die gesamte Produktionskette gelabelten Stoffe aus mehr als 95% kontrolliert biologisch erzeugten Naturfasern anboten. Ihre Gesichter jedoch hatten den gleichen, irgendwie fragenden Ausdruck der Naturtextilpioniere der achtziger und frühen neunziger Jahre: Wie kann ich die ökologische Vorzüglichkeit meiner Stoffe kommunizieren? Und dann auch noch zu angemessenen Preisen verkaufen?

Aber Hand aufs Herz: wenn es den großen Konfektionären so leicht gemacht wird, aus billigeren, weil eigentlich nur nach guter fachlicher Praxis hergestellten, Stoffen auch noch irgendwie umweltfreundliche Kleidung auszuloben, welcher angestellte Produktmanager greift dann nicht mit gutem Gewissen bei entspannten Verhältnis zum Controlling zu?
Und wer ist nicht bereits am Kühlregal überfordert, wenn es zwischen “Heumilch”, “Weidemilch”, naturnah erzeugter Milch, Bioeigenmarke des Discounters oder regional erzeugter Biomilch mit der Geldbörse abzustimmen gilt?

Symptom für die richtige falsche Richtung: Google-Suchergebnis für "Ökolabel Textil" im Febraur 2015

Symptom für die richtige falsche Richtung: Google-Suchergebnis für “Ökolabel Textil” im Febraur 2015

Ach ja, neben dem Labelfrust und der Erkenntis, dass die Marktmechanismen sich in den letzten 25 Jahren nicht im Mindesten verändert haben, gab es noch eine Stofflust: Wird in der Sommermode 2015 noch viel Leinen in Mischungen mit Baumwolle und Viskose zu sehen sein, so stehen für den Sommer 2016 verschiedenste Reinleinen in den Startlöchern. Gebleicht und Natur, aber auch in der Fläche gefärbt und oft digital bedruckt.

Bedauerlicherweise für den Laien auf den ersten Blick fast nicht unterscheidbar, hängen beste Leinenstoffe von Solbiati aus Italien neben No-Names aus Pakistan. Aber das Problem des mangelnden Qualitätsbewußtseins hatten wir ja schon bei der Milch, immerhin sind für ein umso ausgeprägteres Preisbewußtsein nur die Grundrechenarten und kein Fingerspitzengefühl erforderlich.
Der geneigte Leser mag sich nun in Kenntnis der Grundrechenarten fragen, weshalb GOTS-gelabelte Textilien nur zu mindestens 95% aus kontrolliert biologisch erzeugten Naturfasern stammen müssen oder anders herum: Was ist mit den restlichen 5%? Das Rechenrätsel ist schnell gelöst. Farbstoffe wiegen auch, ebenso synthetische elastische Garne, ohne die funktional notwendige Bündchen nun mal nicht hergestellt werden können.

Er mag sich auch fragen, ob angesichts der baylonischen Verwirrung im Bereich der Kennzeichnung ökologisch vorteilhafter Textilien etwas falsch läuft. Der Autor fürchtet hingegen, dass hier nichts falsch läuft, sondern es genau richtig läuft: Eben nur nicht in die Richtung, die sich die Pioniere auf dem Naturtextilsektor vorgestellt haben, sondern in jene, die von den “Greenwashern”, den Marketingstrategien der Großunternehmen und dem zugehörigen Controlling gewünscht wird.

 

Speziell für HandspinnerInnen: 12-teiliges Anschauungsset Handspinnfasern

Zugegeben: wenn man in unserem Shop alle zum Handspinnen geeigneten Fasern in den regulären Verkaufseinheiten zum Ausprobieren bestellen würde, käme man nicht nur leicht auf einen dreistelligen Rechnungsbetrag, sondern es würde auch jede Menge von jenen Fasern übrigbleiben, die für die individuellen Zwecke eben nicht so recht passen. Wir haben uns daher entschlossenen, geringe Mengen einzelner Fasertypen separat zu verpacken und als eine Art Kollektion Versuchsmaterial anzubieten.

– Langflachs aus Tauröstflachs
– Langflachs aus Grünflachs, gebleicht
Diese beiden Fasertypen sind ohne vorheriges Hecheln nur schwer zu verspinnen. Versuchsweise jedoch in Vollwaschmittel kurz aufkochen, gut spülen und bereits dabei in einen möglichst breiten Faserbart auffächern. Eher seitlich am Bart abziehen

– Hechelflachs aus Langflachs / Tauröste
– Hechelflachs aus Langflachs / Wasserröste
– Hechelflachs aus Langflachs gebleicht
Diese drei Fasertypen lassen sich ohne jede weitere Vorbereitung gut verspinnen

– Kardenband aus Schwungwerg (Industriekarde)
Kardenband lässt sich gut nach vorne abziehen, die mittlere Faserlänge liegt bei etwa 80 mm, es enthält jedoch noch vereinzel Holzteile, die lediglich ein gröberes Garn zulassen.

– Hechelwerg aus Langflachs gebleicht
– Hechelwerg aus Langflachs Wasserröste mit Handkarde zu Vlies verarbeitet
Diese beiden Fasertypen mit mittleren Faserlängen im Bereich von 100mm eignen sich sowohl zum Verspinnen als Reinfaser als auch zur Mischung mit Wolle oder Wildseide auf der Trommelkarde.

– Flachsfaser aus Schwungwerg Tauröstflachs (in Flocke, industriell gebleicht und cotonisiert)
– Spinnband aus cotonisiertem und gebleichtem Schwungwerg
– Spinnband aus mechanisch cotonisiertem Schwungwerg
Cotonisierte Flachsfasern haben – wie der Name bereits sagt – eine Faserlänge, die etwa derjenigen der Baumwolle (30mm bis 50 mm) entspricht. Wer also bereits Erfahrungen mit der Baumwollspinnerei hat wird hier zufrieden sein. Das Abziehen gelingt Anfängern besser aus den Bändern als aus der Flocke.

– Referenz Kammzug/Spinnband Ramie
Bei dem Ramiekammzug handelt es sich mit Abstand um die feinste aller erhältlichen Bastfasern. Aus diesem Spinnband wird industriell ein Garn Nm 60/1 (1g Garn läuft 60 Meter) trocken (!) ersponnen. Die durchschnittliche Faserlänge im Band liegt bei über 120 mm. Gut aus dem Band abziehbar. Feiner haben nur die alten Ägypter von Hand gesponnen.

Neue Leinenzwirne eingetroffen

Ein Ausbund an Feinheit sind sie eher nicht – aber rustikal oder hochfest sind sie allemal: Wir haben dieser Tage 5 neue Leinenzwirne in unser Programm aufgenommen, trocken oder naß gesponnen, poliert oder mit abstehenden Faserenden. Obwohl sich die Endnummern, d.h. der Garntiter der Zwirne, mit Nm 0,63 bis Nm 1,2 in einem recht engen, groben Bereich bewegen, so ist die Herstellungsweise und deren Rohstoffbasis doch sehr breit gefächert. Schwungwerg, Hechelwerg und Langflachs sind die Ausgangsmaterialien, die trocken, heißnaß und Vorgarn gekocht bzw. gebleicht versponnen wurden. Der trocken gesponnene Zwirn Nm 1,25/2 ist sehr rustikal und sieht bereits im Garn “mittelalterlich” aus, der Langflachszwirn Nm 10/10 in natur ist ein extrem fester Sattlerzwirn, während seine gebleichte Variante Nm 10/10 auch als nicht faserndes Küchengarn beste Dienste leisten wird. Der in preisgünstigen Knäueln angebotene gebleichte und polierte Zwirn Nm 2,4/2 ist ein idealer Bindfaden und damit ein schönes  Bastel- und Dekomaterial. Der sehr geschmeidige Zwirn Nm 4,8/4 kommt nach unserer Einschätzung auch als Handstrickgarn in Betracht. Im Unterschied zu einigen früher im Shop angebotenen Garnen, die mangels Nachlieferfähigkeit aus dem Programm genommen werden mußten, sollten diese “neuen” Zwirne dauerhaft bei uns erhältlich sein.

Verwandtschaftsbesuch – neue Hanfgarne eingetroffen

Wir haben zwar unseren Schwerpunkt eindeutig auf Flachs und Leinen gelegt, freuen uns aber dennoch, den Besuch von naher Verwandtschaft mitteilen zu können. Angeregt durch Nachfragen unserer Kunden nach guten Hanfgarnen haben wir lange und ausführlich recherchiert und siehe da – wir sind auf eine Quelle guter und bezahlbarer Hanfgarne gestoßen. Hanf hat wie Flachs zwar auch in Mitteleuropa eine lange Tradition, jedoch ist hierzulande kaum noch eine textile Aufschlusstechnologie für Faser, geschweige denn traditionelle Spinntechnologie verfügbar.

Flachs und Hanf – die klassischen Bastfaserpflanzen unserer Breiten

Flachs und Hanf – die klassischen Bastfaserpflanzen unserer Breiten

Zwangsläufig vorsichtig haben wir zunächst nur einige Muster geordert. Das derzeit in Form dieser Musterkonen vorhandene Garnspektrum reicht von Nm 5/1 bis Nm 39/1, d.h. die Garne haben je Gramm eine Lauflänge zwischen 5 und 39 Metern. Bis auf das trocken gesponnene, gröbste Garn (Nm 5/1) sind alle Garne nass gesponnen und im Vorgarn oder Band gebleicht.

Entscheidend für das Ausspinnen feiner Garne ist die Befreiung der Hanffaser von den „Pflanzenleimen“, den Pektinen.

Entscheidend für das Ausspinnen feiner Garne ist die Befreiung der Hanffaser von den „Pflanzenleimen“, den Pektinen.

Glücklicherweise ist der Hanf nicht überbleicht worden, so dass die nass gesponnenen Garne eine Farbe wie Champagner aufweisen. Beim Umspulen haben wir uns von der guten Qualität der feineren, nass gesponnenen Garne (Nm 8,5/1, Nm 24/1, Nm 39/1) überzeugen können – wenig Flusen, kaum Dickstellen, keine Noppen.

Für Sie umgespult – die neuen Hanfgarne im Überblick.

Für Sie umgespult – die neuen Hanfgarne im Überblick.

Das trocken gesponnene Hanfgarn Nm 5/1 macht vom Geruch her kein Geheimnis aus seiner Herkunft; die Fasern stammen zweifelsfrei von in Wasser geröstetem Hanf. Seine Qualität ist von anderer Art als die der gebleichten Hanfgarne: Es hat eine sehr voluminöse, rustikale Anmutung und wirkt eher wie ein von Hand gesponnenes Garn. Seine Zugfestigkeit ist nicht besonders ausgeprägt, es finden sich reichlich abstehende Fasern, die beim Umspulen auch ihre Spuren hinterlassen. 

Neben einer textilen Nutzung als Handwebgarn für grobe Gewebe (aufgrund der vielen abstehenden Fasern empfehlen wir das Bestreichen der Kette mit Stärkekleister als Schlichte) kommt dieses Garn aufgrund seiner „altertümlichen“ Optik und Haptik auch sehr gut für museale Zwecke, Mittelaltermärkte oder experimentelle Archäologie bzw. Reenactment in Frage.

Technisch etwas feiner, optisch und haptisch jedoch völlig anders stellt sich das nass gesponnen Hanfgarn Nm 8/1 dar. Neben einer textilen Nutzung als Maschinen- oder Handwebgarn für grobe Gewebe bzw. Maschinen- oder Handstrickgarn kann dieses Garn aufgrund seiner Festigkeit auch sehr gut für Bogensehnenherstellung, museale Zwecke oder experimentelle Archäologie bzw. Reenactment genutzt werden. 

Deutlich feiner kommt das Hanfgarn Nm24/1 daher. Es kann als Maschinen- und Handwebgarn für mittelfeine Gewebe genutzt werden und wäre nach unserer Einschätzung auch einen Versuch auf Rundstrickmaschinen zur Herstellung eines leichten Hanfjersey wert. Aufgrund seiner Festigkeit können wir uns auch eine Verwendung bei der Herstellung von Bogensehnen oder als Handnähgarn vorstellen. 

Der letzte Neuankömmling ist ein Hanfgarn Nm 39/1. Aufgrund der hervorragenden Rohstoffrezeptur und der ausgefeilten Spinntechnologie kann ein für Hanf extrem feines Garn erzielt werden. Dieses Garn fällt sehr gleichmäßig aus und ist auf den ersten Blick nicht von einem Flachsgarn gleicher Garnstärke zu unterscheiden. Neben einer textilen Nutzung als Maschinen- oder Handwebgarn für feinste Gewebe kommt dieses Garn aufgrund seiner hellen Optik und relativen Festigkeit auch sehr gut als Handnähgarn für Ziernähte sowie für experimentelle Archäologie bzw. Reenactment in Frage. Sofern man sich die Mühe eines vielstufigen Zwirnens machen will, sollte diese feine Hanfgarnnummer aufgrund ihrer sehr hohen spezifischen Oberfläche Bogensehnen mit hoher Festigkeit und geringer Dehnung bzw. Elastizität ergeben.

Trotz der teilweise sehr langen Lieferzeiten erwägen wir, diese Garne auf Industriekonen und damit in größeren Mengen bzw. je Gewichtseinheit deutlich günstiger Gewerbekunden anzubieten. Insoweit sind gewerbliche Anfragen erbeten. Für diese Kundengruppe halten wir Garnabrisse bereit, die wir nach Zusendung eines frankierten Rückumschlages (0,60€) an die Büroadresse gerne ohne Berechnung für Sie “eintüten”. Bitte kündigen Sie Ihren Wunsch per mail an.

Kaum zu glauben, dass Garne aus einer einzigen Bastfaserpflanze so unterschiedlich ausfallen können.

Kaum zu glauben, dass Garne aus einer einzigen Bastfaserpflanze so unterschiedlich ausfallen können.

Das hat es seit langem nicht mehr gegeben – früher Saisonstart in die Flachs-Kampagne 2014

Die ersten Flachsflächen des Jahres 2014 wurden bereits um den 10. März in südlich gelegenen französischen Anbaugebieten Seine Maritime, Oise und Calvados in den Boden gebracht – zunächst auf den etwas leichteren Böden, in den folgenden beiden Wochen auch auf den schwereren Standorten bis hinein nach Belgien. Selbst die schweren Böden an der niederländischen Küste wurden im März nahezu komplett eingesät. Obwohl nach dem milden Winter kaum ein Standort eine Frostgare aufweist, waren die Aussaatbedingungen auch hinsichtlich Krümelstruktur doch überdurchschnittlich günstig, so dass ein gleichmäßiger Feldaufgang zu erwarten ist. Die frühe Aussaat – etwa 14 Tage eher als üblich – lässt auf eine etwa 7 Tage nach vorn gezogene Ernte hoffen. Ein solch früher Erntetermin erlaubt oft die Erzeugung besonders hochwertiger Langfasern. Weiter lesen…